Missionare auf Zeit

Mitleben, Mitbeten, Mitarbeiten

Nirgendwo in Mosambik

Rennende und feixende Kinder im Schulhof des pädagogischen Zentrums Julie Postel in Metarica/MOsambik. Foto: SMMP/Florian Kopp
Rennende und feixende Kinder im Schulhof des pädagogischen Zentrums Julie Postel in Metarica/MOsambik. Foto: SMMP/Florian Kopp

Robert Renner berichtet rückblickend über seine Erfahrungen aus dem Freiwilligen-Einsatz 2016

Der ehemalige Missionar auf Zeit Robert Renner blickt mit etwas Abstand auf seinen Freiwilligen-Einsatz in Mosambik zurück. Was hat ihn angetrieben, dieses Jahr als Missionar auf Zeit in einem soweit entfernten Land zu verbringen? Und was hat er für sein Leben gelernt?

Nirgendwo in Mosambik – mit diesem Titel habe ich meine erste Rundmail im August 2016 aus Mosambik überschrieben. Und da war ich auch, (n)irgendwo im Norden Mosambiks, einem mir fremden Land, mit einer mir fremden Sprache. Damals war ich gut einen Monat in dem südostafrikanischen Land und befand mich in meinem Freiwilligendienst als „Missionar auf Zeit“ bei den Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel (SMMP). Aber wie kam ich überhaupt nach Mosambik und was habe ich dort gemacht?

Robert Renner in dem pädagogischen Zentrum in Metarica/Mosambik. Foto: privat.
Robert Renner in dem pädagogischen Zentrum in Metarica/Mosambik.

Schon während meiner Schulzeit hatte ich den Wunsch nach dem Abitur eine Zeit im Ausland zu verbringen und ein neues Land, eine andere Kultur und Sprache kennenzulernen. Als ich von einer Freundin von dem Freiwilligendienst der Schwestern der Heiligen Maria Magdalena Postel hörte, war ich schnell begeistert und habe mich im November 2016 beworben.

Mein Freiwilligendienst begann dann am 28. Juli 2016. An diesem Tag bin ich mit meinen Mitfreiwilligen von Frankfurt nach Johannisburg/Südafrika und weiter nach Nampula/Mosambik geflogen. Ich kann mich noch ziemlich gut an das Gefühl erinnern, es war eine Mischung aus Aufregung, Respekt und Vorfreude. Schließlich hatten wir uns alle über sechs Monate auf den Aufenthalt vorbereitet, viel von den Rückkehrerinnen und Rückkehrern gehört und versucht so gut wie möglich Portugiesisch zu lernen. Trotz der intensiven Vorbereitung kam der Abflug plötzlich. Der Abschied von Freundinnen und Freunden und von der Familie fiel umso schwerer, aber die Vorfreude überwog. Dann ging es los.

Die Entscheidung für das Land fiel eher zufällig

Dabei kam es eher zufällig, dass ich nach Mosambik ging. Mein Wunsch war es damals in die Projekte nach Bolivien zu gehen. Als die Schwestern mir auf einem der Vorbereitungsseminare dann aber vorgeschlagen haben doch nach Mosambik zu gehen, habe ich zugestimmt. Mosambik hatte mich schon seit Beginn der Vorbereitung interessiert. Das Land liegt oberhalb von Südafrika und ist mit Angola zusammen das einzige Land mit der Amtssprache Portugiesisch.

Im Kindergarten der Schule Julie Postel arbeitenKinder mit Puzzlen aus Holz. Foto: SMMP/Florian Kopp
Im Kindergarten der Schule Julie Postel arbeitenKinder mit Puzzlen aus Holz. Foto: SMMP/Florian Kopp

Noch bis 1975 war Mosambik portugiesische Kolonie und erst seit 1991 ist es eine Demokratie. Die Projekte der Schwestern liegen in den nördlichen Provinzen Niassa und Nampula in der Nähe von Tansania. Im Volksmund spricht man von den „provincias esquecidas“, den vergessenen Provinzen, welche nicht an dem Wachstum des Landes Anteil haben. Durch die große Distanz zur Landeshauptstadt Maputo ganz im Süden des Landes fehlt es in diesen Provinzen besonders an Wirtschaft und Infrastruktur. Auf den Quadratkilometer kommen in Niassa gerade mal 14 Einwohner (in Deutschland sind es über 200 pro Quadratkilometer). Die Region ist von atemberaubenden Landschaften und faszinierender Natur gekennzeichnet.

Empfang mit Tänzen und Gesang

Als wir in Nampula ankamen, wurden wir von der für uns zuständigen Schwester in Empfang genommen und nur wenige Zeit später brachen wir mit einem Jeep Richtung Metarica ins mosambikanische Inland auf. Die Mädchen im Auto und wir Jungs auf der Ladefläche, ein Abenteuer eben. In Metarica wurden wir herzlich mit Tänzen und Gesängen empfangen. Welch ein schönes Gefühl, so willkommen geheißen und erwartet zu werden! Nach einer Zeit der Eingewöhnung begann für uns die praktische Freiwilligenarbeit.

Die Ordensgemeinschaft unterhält in Metarica ein Bildungszentrum mit Erwachsenenalphabetisierung und Vor- und Grundschule. Wir unterstützten die Lehrer in der Vorschule und gaben in der Grundschule Englisch-Unterricht. Als Hauptziel haben sich die Schwestern die Vermittlung praktischer Sprachkenntnisse an die Kleinen gesetzt.

Robert Renner blickt mit etwas Abstand auf seinen Einsatz in Mosambik zurück. Foto: privat
Robert Renner blickt mit etwas Abstand auf seinen Einsatz in Mosambik zurück.

Amtssprache ist in Mosambik aufgrund der Kolonialgeschichte Portugiesisch, besonders in den ländlichen Regionen wie Nampula und Niassa ist jedoch die indigene Sprache Macua gängig. Da in den staatlichen Schulen aber ausschließlich Portugiesisch gesprochen wird, kommen viele Kinder nicht mit und geben die Schule auf. Daher geht es in der Vorschule in Metarica zuerst darum, Portugiesisch zu lernen. So haben wir Freiwilligen zusammen mit den Kleinsten Portugiesisch gelernt.

Neben dem Unterricht in der Vorschule haben wir in der Grundschule Englisch unterrichtet. Das ist laut Lehrplan zwar nicht vorgesehen, aber die Schulleiterin wollte die Chance nutzen, wenn wir schon mal da sind auch etwas Englisch Unterricht zu geben. Unsere Aufgabe bestand in Metarica zudem darin, den Schwestern und Mädchen, die gerne Schwestern werden möchten, Englisch und Deutsch Unterricht zu geben. Mehr als um die praktischen Sprachkenntnisse ging es in dem Unterricht um kleine Spiele und darum das Lernen zu lernen.

Luftbild (aufgenommen mit einer Drohne) von Metarica und den Gebäuden bzw. Einrichtungen der Ordensgemeinschaft. Foto: Florian Kopp
Luftbild (aufgenommen mit einer Drohne) von Metarica und den Gebäuden bzw. Einrichtungen der Ordensgemeinschaft. Foto: Florian Kopp

Standortwechsel nach zwei Monaten

Nach weniger als zwei Monaten hieß es dann für mich aber auch schon wieder Abschied nehmen. Auf Wunsch der leitenden Schwester wechselte ich den Einsatzort und durfte als erster Freiwilliger überhaupt in die neue Missionsstation Nametória am Indischen Ozean wechseln. Wenngleich mir zu Anfang etwas mulmig bei dem Gedanken war, nun allein so weit weg von den anderen Freiwilligen zu leben, war es eine wunderschöne Zeit in Nametória. Da die Station noch im Aufbau war, konnte ich mir meine Aufgaben selbst zusammenstellen.

Zu meinen Hauptaufgaben zählte die Leitung der Erwachsenenalphabetisierung. Dort haben wir zusammen mit über 40 Frauen Stück für Stück Portugiesisch gelernt. Für die Frauen, die an dem Projekt teilgenommen haben und auch für mich war es eine einmalige Erfahrung und wir sind zu einer großartigen Gruppe geworden. Bei der Alphabetisierung geht es um mehr als nur darum, Portugiesisch-Kenntnisse zu erwerben. Die Frauen genießen es sehr mit den regelmäßigen Klassen einen Raum nur für sich zu haben, in dem gelernt, aber auch gesungen, getanzt und gemeinsam gegessen wird – und in dem es einmal nur um sie geht und nicht um die Familie oder den Familienvater.

Zu wissen, wie man Obst und Gemüse anbaut, ist in Mosambik enorm wichtig. Deshalb gehört auch dieses Thema in Nametória zum Unterricht für die Frauen. Foto. Sr. Leila de Souza / SMMP
Zu wissen, wie man Obst und Gemüse anbaut, ist in Mosambik enorm wichtig. Deshalb gehört auch dieses Thema in Nametória zum Unterricht für die Frauen. Foto. Sr. Leila de Souza / SMMP

Nach Weihnachten bin ich dann wieder zurück nach Metarica gekommen und habe meinen Freiwilligendienst im dortigen Schulzentrum fortgesetzt.

„Diese Erfahrung wünsche ich jedem“

Rückblickend fällt es mir schwer dieses Jahr meines Freiwilligendienstes in so wenigen Sätzen zu beschreiben oder zusammenfassen. Was bleibt? Es bleiben die Erfahrungen und Begegnungen. Ich habe in Mosambik als Lehrer gearbeitet, aber eigentlich war ich der Schüler und habe gelernt statt gelehrt. So vieles haben die Menschen mir gezeigt und beigebracht. Die Zeit hat mich reifer, selbstständiger gemacht und lässt mich weiter blicken.

Es ist schwierig, nach so einschneidenden Erlebnissen wieder zurück nach Deutschland zu kommen und „einfach so“ weiter zu machen, weil sich in einem selbst vieles verändert hat, aber das deutsche Zuhause eben nicht. Auch wenn – oder gerade, weil – der Freiwilligendienst mit diesen Herausforderungen für mich verbunden war, hat er mich wachsen lassen und verändert. Diese Erfahrung wünsche ich jedem, denn sie bereichert.

Robert Renner